Hummelchen, die blinde Erdhummel

Hummelchen – wie alles begann

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Allgemein, Erdhummeln

Rückblick: – Seit die ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen die Erde erwärmen gehören endlich auch wieder Schmetterlinge und fliegende “Kuscheltiere” zum Tagesbild. Und ein letzteres Exemplar sitzt am 21. März 2012 regungslos auf der Bad Gandersheimer Trasse. Für so ein Mini-Geschöpf eher ein ungünstiger Ort. Okay, ich trete der Hummel einfach mal ein bisschen zu nahe. Dann wird sie schon wegfliegen. Gedacht, aber “denkste”. Das Hummelchen rührt sich nicht vom Fleck. Vielleicht ermattet wegen mangelhafter Nahrungszufuhr? Zumindest gibt das flauschige Geschöpf Lebenszeichen von sich als ich es vorsichtig mit einem kleinen Ast berühre. Sehr intensive sogar. Aber eigentlich sollte es doch….DAVONFLIEGEN. Tut es jedoch nicht. Aber krabbeln und klammern kann es perfekt.

Flugunfähig

Da mein Weg mich in den Bergkurpark führt, nehme ich das offensichtlich flugunfähige Insekt einfach mit. Auf meiner Hand. Vielleicht finden sich im Bergkurpark Frühblüher, die ihren Nektar gerne zur Verfügung stellen. Eine Dreiviertelstunde später: den einen oder anderen fliegenden Artgenossen gesehen. Ebenfalls auf der Suche nach Nektarspendern. Aber sie waren genauso erfolglos wie ich. Die flugunfähige Hummel genießt den sonnigen Tag auf meiner Hand – oder krabbelt auf meinem Jackenarm entlang. Sehr geschwind. Bloß flugtechnisch hapert es sehr.

Neues Zuhause

Also nehme ich sie weiter mit. Das momentane Domizil ist…ein Schuhkarton. Mit Gras, Moos, Erde und Steinen ausgelegt. Schnell noch einige Primeln und Narzissen besorgt und in die “Hummelburg” platziert. Die Kleine ist doch ein Leckermäulchen. Die Blütenblätter mit ganz wenig Honig bestrichen – und sofort wird geschlemmt. 19.00 Uhr: Und nun liegt meine Hummel in ihrem provisorischen Erdreich und schläft. Mal schauen wie es ihr morgen geht.

Nachtrag: Nach Internetrecherchen scheint es sich bei der gefundenen und von Milben begleiteten Hummel um eine Königin zu handeln. Ich hoffe, Eure Majestät ruht angemessen!

22.März 2012: Ihre Hoheit haben gut und reichlich geruht und die Nacht bestens überstanden. Für heute steht allerdings eine Änderung des royalen Speiseplans an: Honig ist wohl nicht gut für Hummeln. Also wird nun eine Zucker-Wasserlösung angerührt. Mal schauen ob es gelingt und schmeckt.

24. März 2014: Nun hat sie bereits drei Tage in ihrem vorübergehenden Domizil verbracht und ist glücklicherweise immer noch sehr munter. Hoffentlich sind draußen bald genügend Blumen auf der Wiese, damit Ihre Majestät wieder zurück in ihren angestammten Lebensraum kann. Auf Dauer ist ein Schuhkarten – auch mit Wiesenambiente – nichts für ein Hummelchen. Sie muss sich dann draußen krabbelnd durch ihr Hummelleben schlagen.

01. April 2012: Die kleine pelzige Queen lebt immer noch in ihrer vorübergehenden Mietswohnung. Zwischenzeitlich hat sie samt ihrem Schuhkarton sogar eine Autoreise mitgemacht und gut überstanden. Fliegen klappt immer noch nicht, aber sie ist eine echte Rennhummel.

07. – 09. April 2012: Hummelchens Osterausflug

Zu Ostern stand eine Reise in Sachen Familie an. Da die Rückreise diesmal per Bahn erfolgen musste, war klar, Majestät kann nicht mit. Netterweise erklärte sich eine Freundin bereit, Hummelchen über Ostern ein Zimmer zur Verfügung zu stellen und sich um sie zu kümmern. Der Umzug am Karfreitag im vertrauten Schuhkarton erfolgte problemlos. Für das österliche Hummelmenue war auch gesorgt. Ostersonnabend ward sie in ihrer vorübergehenden Pension auch gesehen. Unternehmungslustig krabbelte sie in ihrem Schuhkarton herum und gab sich dem Osterfrühstück hin. Ein Anruf am späten Nachmittag bei ihrer Gastgeberin brachte allerdings die Nachricht: “Hummelchen ist verschwunden”. Ich beruhigte die aufgeregte Herbergsmama mit dem Hinweis: “Die wird schon wieder auftauchen”. Tat sie aber nicht. Ihre Majestät hatte offensichtlich andere Pläne. Denn auch Ostersonntag und -montag war von ihr nichts zu sehen. Auch eine Zimmerdurchsuchung durch die Herbergsmama blieb ohne Erfolg. Aber klar war: da sie nicht fliegen kann, muss sie irgendwo im Zimmer sein.

Montag traf ich nachmittags wieder in Bad Gandersheim ein. Und kaum betrat ich das Herbergszimmer, um mich auf Hummelsuche zu begeben, was sah ich da? Ihre Hoheit, die anmutig über den Teppichboden krabbelte. Vorsichtig hielt ich ihr meinen Daumen hin und setzte sie wieder zurück in ihren Schuhkarton. Noch eine kurze Autofahrt – und Hummelchen samt Schuhkarton befinden sich seitdem wieder auf der heimischen Küchenfensterbank. Und sofort wurde der königliche Rüssel samt Wischer ausgefahren und ausgiebig gespeist. Die Lady hatte wirklich Schmacht.

10. April 2012: Es gibt sie immer noch. Die kleine Lady ist eine Kämpferin und offensichtlich nicht gewillt aufzugeben. Deswegen ist inzwischen ein Hummelnest fertig. Ich warte nur noch auf Kapok als Nistmaterial. Mal schauen, ob die Königin dieses annimmt.

22. April 2012: Inzwischen umgezogen

Zwölf Tage sind seit dem letzten Eintrag vergangen. Die “eiserne Lady” ist zum Glück immer noch putzmunter – und inzwischen stolze Besitzerin einer Zweizimmerwohnung. Nachdem das Nistmaterial endlich eintraf, konnte ich den Nestkarton endgültig fertig einrichten. Anfänglich musste Hummelchen noch händisch in die Eingangsröhre gesetzt werden. Nachdem ich den Zugang zu dieser mit Hilfe einer kleinen Papprampe quasi behindertengerecht ausgestattet habe, findet die kleine Rennhummel den Weg dorthin überwiegend alleine.

Blieb nur noch die Geschichte mit der Verpflegung. Die Nektaraufnahme mittels Zuckerwasserlösung klappte von Anfang an problemlos. Aber da war doch noch die Sache mit den Pollen. Obwohl in der Miete inbegriffen, war die Lady nicht zu bewegen, den angebotenen Pollen anzunehmen. Da saß ich nun mit meinen teuren, nach einem Internet-Tipp aus dem Reformhaus besorgten Blütenpollen. Weder fein säuberlich zerstäubt noch in Wasser aufgelöst: kein Erfolg. Ihre Hoheit steht ganz klar nicht auf Fastfood, eine Mahlzeit aus der “Konserve” kommt ihr offensichtlich nicht in den Rüssel. Also habe ich es mit Obstbaumblüten aus der hiesigen Natur versucht. Und – wie beruhigend – Hummelchen steht ganz eindeutig auf Natur pur. Jetzt bin ich auf die weitere Entwicklung ganz gespannt.

02.Mai 2012: Möglicherweise blind und jetzt auch noch humpelnd

Der letzte Eintrag ist schon wieder elf Tag her. Und es gibt Hummelchen immer noch. Zwischenzeitlich hat sich ein weiterer Experte – Cornel van Bebber (www.aktion-hummelschutz.de) netterweise die Videos angeschaut und die Vermutung geäußert: Sie ist blind und kann deshalb nicht fliegen. Und als ob dies nicht schon ausreichend genug wäre. Gestern habe ich mit Schrecken festgestellt, dass Hummelchen irgendwie unrund läuft. Das fiel mir auf, nachdem ich sie gestern Nachmittag auf dem Küchenfußboden sitzend sah.

Nachdem ich sie vorsichtig mit Hilfe einer Pappe zurück in ihren Wohnbereich auf dem Küchentisch setzte und sie dort hin  und her krabbelte, sah ich die Bescherung. An ihrem mittleren linken Bein fehlt der Fuß. Das darf doch nicht wahr sein! Ganz ehrlich, ich wurde richtig traurig. Ein wenig entspannter ums Herz wurde mir, als ich, dass Hummelchen sich offensichtlich völlig unbeeindruckt zeigt. Sie fuhr kurz danach erst einmal ihren Rüssel aus und nahm eine ordentliche Portion Zuckerwasser zu sich. Danach steuerte sie die Rampe an und verschwand in ihrem Karton. Abends tauchte sie nochmals kurz aus ihrer Röhre auf und wiederholte die Prozedur. Damit sie künftig bei ihren Ausflügen hoffentlich nicht mehr vom Küchentisch fällt, habe ich nun ihr Zweizimmerappartement mit Kartons zugebaut.

Mir ist wirklich ein riesengroßer Stein vom Herzen gefallen, als ich sie heute gegen 19.20 Uhr in ihrem “Vorgarten”


antraf. Ich vermute, dass sie so eine Art Orientierungsrundgang gemacht hat. Diese kleine Hummel ist wirklich eine ganz große Kämpferin.

03. Mai 2012: Es geht ihr gut

Die kleine Superhummel ist gut drauf. Heute verließ sie gegen 12.30 Uhr zu einer kleinen Mittagsmahlzeit ihre königlichen Gemächer. Hummelchen machte einen guten Eindruck. Und es sieht so aus als würde sie endlich ihren majestätischen Rüssel in die Legosteintränke stecken. “Das ist eine prima Geste von dir, Hummelchen”. Es war schließlich ein echter Akt, diese Teile hier zu bekommen. Bitte schauen Sie auf das Video,


um sich den Mittagsausflug Ihrer Majestät anzuschauen.

Ich möchte nicht vergessen, an dieser Stelle ein ganz großes “Danke schön” an Jürgen Börner von www.hummelfreund.com zu richten. Ohne seine kompetente und freundliche Unterstützung hätte ich Hummelchen nicht bis zum heutigen Tag gebracht.

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